"Wir sind die Generation, die es verpennt hat."
Der Eindruck täuscht: Weder ist es Nacht, noch sind wir in München. Und doch sitzt Stephan Strunck während unseres Gespräches vor der nächtlichen, rot illuminierten Allianz-Arena. Tatsächlich befindet er sich in Bonn und ist mit uns via Videokonferenz verbunden. Doch die Leidenschaft für „die Bayern“, die er mittels Bildschirmhintergrund transportiert, soll nicht das Thema unseres Gespräches sein. Denn Stephan Strunck ist Geschäftsführer des Spezialisten für Gebäudetechnik TG Plan mit Sitz in Bonn, der es sich auf die Fahne schreibt, mit bedarfsgerechten Energiekonzepten Budget und Umwelt zu schonen. Das ist nicht der einzige Grund, mit Herrn Strunck zu sprechen.
Herr Strunck, Sie sind nicht nur selbstständiger TGA-Fachplaner – Sie stellen Ihre Expertise auch dem Kundenbeirat von Kampmann zur Verfügung. Wie kam es dazu?
Das war nicht schwer. Es gab damals einen Aufruf, sich für den Kundenbeirat zu bewerben. Das habe ich gemacht und seitdem bin ich dabei.
Was hat Sie dazu bewogen, sich dort zu engagieren?
Ich fand erstmal, dass das eine gute, eine spannende Idee ist. Das hat es vorher in der Branche nicht gegeben und scheint bis heute einzigartig. Und da war ich neugierig.
Wurden Ihre Erwartungen erfüllt?
Zunächst hatte ich gar keine Erwartungen. Ich habe das einfach auf mich zurollen lassen und mir angeschaut, wie sich das so entwickelt. Dann war ich überrascht, wie offen und ehrlich sich der Austausch gestaltete. Sowohl untereinander im Beirat als auch mit Kampmann. Und so gewinnt man neue Sichtweisen, schaut über den Tellerrand, kann mitwirken – also ich möchte den Beirat nicht missen!
Sie bleiben also dabei?
Unbedingt! Trotzdem wäre es sinnvoll, wenn sich der Beirat personell ab und zu etwas erneuern oder erweitern würde. Im Moment sind wir – aber das bringt ja auch die Struktur der Branche mit sich – zu männlich. Und auch zu planerlastig. Eine weibliche Komponente zum Beispiel aus der Architektur wäre eine gelungene Ergänzung des Beirates.
Finden Sie die Anstöße und Ideen, die der Beirat entwickelt, in Kampmann-Produkten wieder?
Auf jeden Fall! Aber nicht nur in Produkten, auch bei strategischen Entscheidungen lässt die Geschäftsleitung die Meinung des Beirates mit einfließen. Das bestätigt auch Hendrik Kampmann.
Diskutieren Sie auch Nachhaltigkeitsthemen?
Aber sicher, sich dem zu versperren, wäre sträflich.
Ist das ein Thema, dass Sie auch persönlich umtreibt?
Selbstverständlich. Aber nicht erst seit gestern. Ich handle auch privat schon immer energiesparend. Ich kann mich noch an die beiden Ölkrisen in den Siebzigern erinnern, ich war noch sehr jung, aber das Sonntags-Fahrverbot ist nachhaltig in Erinnerung geblieben. Schon damals wurde meiner Kenntnis nach eine Bundesbehörde gegründet, die dafür sorgen sollte, dass wir nicht mehr so abhängig von importierten fossilen Brennstoffen sind. Die erste Ölkrise war 1973 – das ist jetzt 50 Jahre her. Und es hat sich nichts bewegt. Unsere Eltern und wir sind durchaus die Generationen, die es verpennt haben.
Und jetzt stehen wir mitten in der nächsten Energiekrise und alle wollen weg vom Gas.
Und jetzt wollen plötzlich alle Wärmepumpen. Man hat das Gefühl, dass es regelrechte Panikkäufe gibt. Ich kenne sogar Leute, die sich ein Stromaggregat gekauft haben. Aber das ist typisch deutsch: Da braucht es nicht Hosenträger oder Gürtel – es muss beides sein. Wir Deutschen setzen am liebsten auf doppelte Sicherheit.
Aber Wärmepumpen sind schon gut, oder?
Ohne Zweifel. Das ist eine gute Lösung, die sich auch weiter durchsetzen wird. Nur sollten wir darauf achten, dass es Alternativen gibt. Wir müssen auf mehrere Pferde setzen. Leider hat die Bundesregierung einige Förderungen bereits zurück genommen und es werden wohl weitere diskutiert – beispielsweise regenerative Heizsysteme mit Pellets oder Hackschnitzeln – hierbei geht es um so Themen wie Feinstaub und NOx-Werte.
Ich selbst habe ein altes Haus mit alter Heizung. Raten Sie mir zu einer Wärmepumpe?
Das ist eine Frage, die kann man nicht direkt mit Ja oder Nein beantworten, ohne sich das gesamte Gebäude anzuschauen – grundsätzlich halte ich es aber für machbar. Wahrscheinlich dürfte Ihr System nicht auf die niedrigen Temperaturen einer Wärmepumpe ausgelegt sein. Aber man muss sich folgende Fragen stellen: Was ist schon gemacht worden? Wurde gedämmt? Gibt es neue Fenster? Und so weiter. All das sind Maßnahmen, die den ursprünglich mal ermittelten Bedarf an Wärme senken. Früher wurde eine Heizungsanlage oft recht großzügig über den Daumen geplant. Vielleicht brauchen Sie die Leistung Ihres alten Kessels beziehungsweise der installierten Heizflächen gar nicht weiter. Dann kommen wir mit vorhandenen Heizkörpern auf einmal dahin, dass nämlich diese Heizflächen „zu groß“ sind, was aber wiederum dazu führt, dass man die Systemtemperaturen senken kann und durchaus das Niveau von Wärmepumpen erreicht. Und schon kann man auch ein altes Gebäude ohne Fußbodenheizung mit neuer, regenerativer Technik betreiben. Und dann gibt es auch schon Wärmepumpen für hohe Vorlauftemperaturen. Die müssen aber noch im Hinblick auf Effizienz weiterentwickelt werden beziehungsweise entwickeln sie sich bereits dorthin.
Und wenn Sie ein neues Gebäude planen?
Dann setzen wir in der Vielzahl auf eine Wärmepumpe. Die Warmwasserbereitung wird dann oftmals elektrisch gemacht, sofern das abbildbar ist – das ist natürlich von der Gebäudegröße abhängig. Aber da gibt es gute Hybrid-Systeme, die zum Beispiel eine Kombination aus Frischwasserstation (Wohnungsstation) mit einem nachgeschalteten Durchlauferhitzer sind.
Die Zukunft ist also die Wärmepumpe.
Die Zukunft ist, die Energie autark und regenerativ selbst herzustellen. Das ist ohnehin viel effizienter und damit nachhaltiger, weil man sehr viel weniger Leitungsverluste hat. Beim Strom aus Kohlekraft kommen bei den Verbrauchern nur rund 40 Prozent der ursprünglichen Energie an. Da hat selbst die Atomkraft bessere Werte. Wenn es da nicht das Problem mit dem Atommüll gäbe …
Sehen Sie noch weitere aussichtsreiche Energiequellen für den Gebäudesektor?
Ich finde es bedauerlich, dass das Thema Wasserstoff noch so gut wie gar nicht stattfindet. Wenn sich da mehr Leute begeistern und die Technik auf eine breite Basis stellen würden – wenn es also eine größere Nachfrage gäbe, dann wäre das in jedem Fall ein Zukunftsthema. So haben wir kürzlich ein ganz spannendes Projekt begleiten dürfen. Der Kunde ist ein innovativer Heizungsbauer aus Bonn, der nicht nur von sich sagt, die Energiewende vorantreiben zu wollen, sondern der es auch macht. Und so hat er nach einer Möglichkeit gesucht, sich regenerativ das ganze Jahr über autark mit Energie zu versorgen. Und die Lösung war Wasserstoff.
Wasserstoff zum Heizen?
Ja, warum nicht – er setzt ein innovatives System ein, bei dem mit Hilfe von solarem Überschuss im Sommer durch Elektrolyse grüner Wasserstoff erzeugt wird. Dieser Wasserstoff wird in Druckflaschen eingelagert und im Winter über Brennstoffzellen wieder in Strom und Wärme umgewandelt, sodass das Haus ganzjährig energieautark ist. Das Projekt wurde kürzlich von der DENA mit dem energy efficiency award 2022 ausgezeichnet.
Wo ist der Haken?
Nicht alle Objekte, besonders Bestandsobjekte, eignen sich für diese Technik. Voraussetzung ist ein insgesamt niedriger Energiebedarf und die Möglichkeit, ausreichend Photovoltaik installieren zu können. Diese Technik ist noch eine kleine Nische, die aber langsam wächst. Mit höheren Stückzahlen wird sicher auch der Preis sinken und die Technik dadurch attraktiver werden. Auch müssten die Förderungen dafür bundesweit ausgeweitet werden. Aktuell wird das nur in NRW und in Berlin gefördert. Aber wenn man bedenkt, dass 30 bis 40 Prozent des CO2-Ausstoßes in Deutschland von Immobilien verursacht werden, dann wäre es doch zu schade, vielversprechende Technologien nicht weiterzuentwickeln.
Wir leben in aufregenden, krisengeprägten Zeiten. Hat das Einfluss auf Ihre Tätigkeit als Fachplaner?
Ja, zum einen durch die Energiekrise: Viele Bauherren kommen jetzt auf uns zu und wollen für ihre Alt-Liegenschaften neue Energiekonzepte. Die wollen weg von Gas und Öl. Bei größeren Gebäuden muss man dann schauen, ob und inwieweit das sinnvoll und umsetzbar ist – ähnlich wie bei Ihrem alten Einfamilienhaus. Wir empfehlen gerne, einen Teil des Bedarfs mit einer Wärmepumpe abzudecken, aber auch einen vorhandenen Wärmeerzeuger – sofern er nicht zu alt ist – im Zweifel mal stehen zu lassen, um damit Peaks abzudecken.
Zum anderen spüren wir im Geschäft, dass die Neubauprojekte rückläufig sind. Das hat mehrere Ursachen: Natürlich die aktuelle Zinssituation. Aber auch Materialknappheit und -preise und der Mangel an qualifizierten Handwerkern. Insgesamt sind die Investoren im Moment sehr vorsichtig.
Jetzt haben wir nur über das Heizen gesprochen. Dabei reden wir eigentlich seit Jahren davon, dass Kühlen und Lüften die großen Zukunftsthemen sind.
Stimmt, das Heizen ist durch den Ukrainekrieg im Hinblick auf die preisliche Situation wieder in den Fokus geraten. Das ändert aber nichts daran, dass auch das Kühlen ein großes Thema ist. Zum einen, weil insbesondere in Büros und Arbeitsstätten immer mehr gekühlt wird. Zum anderen, weil es auch hier technisch einen großen Umbruch gibt. Heißt es beim Heizen „weg vom Gas“, so heißt es beim Kühlen „weg von den klassischen Kältemitteln!“
Weil Kältemittel mit einem hohen GWP wegen der F-Gase-Verordnung nach und nach verboten werden.
Genau. Kampmann setzt hier ja schon sehr lange auf Kaltwasser-Kühlsysteme. Das ist auch vollkommen richtig so. Aber auch hier müssen wir schauen, dass wir mehrere Lösungen anbieten können.
Aber dann braucht man weiterhin zwei Systeme zum Heizen und Kühlen?
Nein, nicht zwangsweise. Auch hier gibt es ausreichend Systeme, die beide Konditionierungen abbilden können. Von Kampmann gibt es dafür zum Beispiel den KaDeck. Er vereint die Funktionen Heizen und Kühlen und auf Wunsch sogar noch die Lüftung – ist also ein richtiger „Allrounder“. Dabei ist es egal, ob man ihn im 2-Leiter-Betrieb oder 4-Leiter-Betrieb betreibt. Der Unterschied zwischen 2-Leiter und 4-Leiter ist, das man bei einem 2-Leiter-System zentral entscheide, ob man heizen oder kühlen möchte, während beim 4-Leiter-System beide Möglichkeiten permanent zur Verfügung stehen. Das, kombiniert mit der Lüftung, gibt uns als Planer einen maximalen Spielraum.
Kessel am Ende, Kältemittel am Ende: Das klingt alles sehr nach einer Zäsur.
Wir Menschen in den Industriestaaten sind viel zu lange sorglos mit den Ressourcen umgegangen. Es ist schade, dass erst eine Krisensituation wie Krieg dafür sorgt, dass wir reagieren, obwohl wir seit Jahrzehnten wissen, was die Uhr geschlagen hat. In der Gebäudetechnik sollten wir mehr denn je auf eine bedarfsgerechte Planung und den Einsatz erneuerbarer Energien setzen.
Seit 1991 bedient TG Plan Bauvorhaben unterschiedlicher Art mit der Planung technischer Gebäudeausrüstung. Heute sitzt der Geschäftsführer Stephan Strunck mit seinem Team in Bonn und deckt von dort ein großes Gebiet ab, um innovative und energieeffiziente Systeme durch spannende Projekte voranzutreiben. Hier erfahren Sie mehr über TG Plan.