Nach fast 41 Jahren Betriebszugehörigkeit verabschiedet sich Hermann Ensink als Leiter Innovation & Technik in den wohlverdienten Ruhestand. Ein ausgewiesener Experte im Bereich Heizungs- Lüftungs- und Klimatechnik, der mit zahlreichen Produktentwicklungen vieles bewegt hat und dabei immer den Markt und technische Trends im Blick hatte. Kurz vor seinem Abschied konnten wir mit ihm über sein Lebenswerk und seine Pläne für den Ruhestand sprechen.
Hermann, es freut mich, dass wir hier wieder zusammenkommen. Aber ich bin auch ein bisschen traurig, denn es ist wohl das letzte Mal, da du in den Ruhestand gehst. Wann ist es denn soweit?
Am 31. Dezember. Ab 1. Januar hoffe ich, Rente zu erhalten.
Das sollte klappen. Schließlich hast du lange genug gearbeitet.
Fast 41 Jahre durfte ich bei Kampmann tätig sein, davon circa 33 Jahre als Mitglied der Geschäftsleitung.
Und was war vor Kampmann?
Ich habe eine Lehre als Landmaschinenmechaniker gemacht. Das lag nahe, weil ich familiär aus der Landwirtschaft komme. Ich habe aber schnell festgestellt, dass es das nicht ist. Die immer dreckigen Hände haben mich genervt.
Der Sprung von der Landwirtschaft in die TGA-Branche erschließt sich mir aber noch nicht.
Den habe ich im Grunde meinem Onkel zu verdanken. Der sagte schon vor 45 Jahren, dass Energie und Umwelt die Themen der Zukunft sind …
… erstaunlich weitsichtig …
… deshalb habe ich dann Versorgungstechnik, Fachrichtung Technische Gebäudeausrüstung (TGA), studiert. In der Bewerbungsphase kurz vor Abschluss des Studiums bin ich in der Tageszeitung über eine Anzeige gestolpert, wo ein „Berater für Luftheizgeräte“ gesucht wurde. Und so habe ich am 1. März ´80 bei Kampmann angefangen.
Da war das Unternehmen gerade acht Jahre alt. Wie war das damals?
Spannend! Für mich, weil damit mein Berufsleben richtig startete. Für das Unternehmen, weil es sich rasend schnell entwickelte. Als ich anfing, waren wir gerade mal 35 Mitarbeiter. Alles war noch sehr viel hemdsärmeliger. Das hat schon Spaß gemacht!
War Kampmann da schon an der Friedrich-Ebert-Straße?
Ja, waren wir. Der damalige Betriebsleiter Siegfried Behrendt führte mich nach dem Bewerbungsgespräch herum und zeigte mir die Halle 3, die gerade im Bau worden war. Der Estrich war noch frisch, die Halle komplett leer und mit 3000 Quadratmetern riesig groß. Er sagte zu mir: „Herr Ensink, dies ist die neue Produktionshalle. Hier können wir jetzt alles machen, was wir wollen. Und dafür brauchen wir Sie!“
Und dann hast du das gemacht.
Genau – aber natürlich nicht alleine.
Abgesehen von der Anfangszeit – welches war der spannendste Zeitabschnitt?
Oh, das ist schwer zu sagen. Hochinteressant war die Zeit der Wende, mit den vielen Möglichkeiten, die man in den neuen Bundesländern hatte. Ich war dort viel unterwegs und habe ungezählte Seminare und Schulungen abgehalten. Denn viele HLK-Produkte gab es in der DDR entweder gar nicht oder nicht so, wie man sie in den alten Bundesländern kannte. Ebenso interessant war dann die Zeit, als die Zusammenarbeit mit NOVA begann und immer mehr intensiviert und zum Erfolg geführt wurde. Vor drei Jahren kam Emco dazu – das war natürlich auch noch mal spannend. Zumal Emco ja ein ähnliches Portfolio hatten wie wir. Als die Emco-Mitarbeiter zu uns kamen, war es erstaunlich, wie ähnlich die technisch tickten und dachten. Wir sind unabhängig voneinander oft zu sehr ähnlichen Erkenntnissen gelangt. Und natürlich war auch das Jahr 2020 außergewöhnlich.
Du spielst auf die Corona-Krise an.
Ja. Plötzlich spricht jeder über Klimaanlagen und Luftaustausch. Jetzt ist es unsere Aufgabe die Produkte ins rechte Licht zu setzen und als das zu präsentieren, was sie sind: Ein Teil der Lösung. Zwar sind die Herausforderungen durch Corona jetzt noch ein wenig anders gelagert, aber wir sind dafür hervorragend gerüstet. So bauen wir schon seit über 15 Jahren Fleischtheken-Überdruckbelüftungen mit HEPA-Filtern. Diese Erfahrungen haben uns jetzt geholfen, unsere neue Luftreinigerserie KA-520 zu entwickeln. Zudem haben wir eine clevere Lösung gefunden, Fan Coils mit HEPA-Filtern auszustatten.
Da hätte man letztes Jahr noch nicht dran gedacht.
Korrekt. Den Leuten wird durch die Epidemie bewusst, was ich schon seit Jahren propagiere, nämlich Luft als Lebensmittel zu begreifen. Da dachte bislang kaum jemand drüber nach. Heute fühlt man sich unwohl, wenn sich viele Menschen eng nebeneinander in einem Raum befinden. Da sieht man die Viren vor seinem geistigen Auge in der Luft schweben. Wenn man aber weiß, dass da ein Luftreiniger arbeitet oder ein Lüftungsgerät die Luft ständig austauscht, dann fühle ich mich deutlich sicherer.
Du warst nun fast 41 Jahre für Kampmann tätig. Heute gibt es eine wahnsinnige Produktpalette. Welche Produkte standen damals im Fokus als du angefangen bist?
Das waren im Wesentlichen Konvektoren im Unterflurschacht mit den dazugehörenden Rollrosten sowie Konvektoren hinter Verkleidungen an der Wand. Wir hatten auch schon Lufterhitzer im Programm, die wir damals noch zugekauft haben. Im Programm waren auch z. B. Warmlufterzeuger für die Hallenbeheizung. Die gibt es mittlerweile nicht mehr und die sind auch am Markt kaum noch gefragt.
War es ein hohes Tempo, das hier so im Rückblick angeschlagen wurde über die 40 Jahre.
Ich glaube schon. Das ging alles schnell und es wurde früher deutlich hemdsärmlicher als heute gearbeitet. Es kam durchaus vor, dass man Produkte verkauft hat, die noch gar nicht ganz fertig entwickelt waren und dann auch mal ein bisschen beim Kunden getestet wurden.
Du hast bei Kampmann nicht nur Produktentwicklungen maßgeblich voran getrieben, sondern hast auch in unzähligen Normausschüssen mit gearbeitet. Wo steckt besonders viel Hermann Ensink drin?
Diese Mitarbeit in den Normausschüssen hat zwei Seiten. Zum einen hat es den Vorteil, dass man auf dem Stand der Technik ist und man weiß, wo die Entwicklung hingeht. Man kann so schneller reagieren. Des Weiteren kann man auch durchaus was bewegen. Das war z. B. bei der Erarbeitung der EN 16430 so, wo es darum ging, standardisierte Kriterien für die Leistungsmessung von Bodenkonvektoren zum Heizen und insbesondere zum Kühlen festzulegen. Vorher gab es so einen gewissen Wildwuchs in der Branche, wie die Leistungen ermittelt wurden. Durch diese Norm haben wir eine Grundlage geschaffen, auf die sich mittlerweile fast alle Hersteller beziehen und ihre Leistungen auch nach dieser Norm messen. Die nach der Norm gemessenen Leistungen sind vergleichbar und führen zu einem faireren Wettbewerb. In diesem Normausschuss war ich neben den Experten von HLK Stuttgart der Experte, der die größte Erfahrung hatte.
Diese Leistungsmessungen finden mittlerweile in unserem eigenen Labor statt. Das war bestimmt eine spannende Zeit das Labor hier mit zu entwickeln.
Ja, ich bin heute noch den Gesellschaftern sehr dankbar, dass wir das Forschungs- und Entwicklungscenter (FEC) bauen konnten. Es gab die Idee ein FEC zu schaffen schon sehr lange. Es gab auch Überlegungen ein eigenständiges Labor gemeinsam mit anderen Unternehmen und dem Landkreis Emsland aufzubauen. Nachdem dies nicht zu Stande kam, wurde dann entschieden: Wir bauen selbst.
In welchem Zustand ist die Kampmann Group wenn du uns verlässt?
In einem sehr guten Zustand, davon bin ich sehr überzeugt. Wir haben, fangen wir mal oben an, eine Geschäftsführung, die aktiv dabei ist, das Unternehmen weiterzuentwickeln und auch keine Kosten und Mühen scheut das Unternehmen voranzubringen. Mit der Integration von NOVA haben wir einen Spezialisten in der Gruppe, der Lüftungsgeräte so bauen kann, wie der Markt sie braucht. Emco verstärkt uns in den Bereichen Luftdurchlässe, dezentrale Lüftungssysteme und Kühldecken. Das wird Kampmann weiter voranbringen. Wir haben eine hervorragende Produktion, die mit neuesten Maschinen ausgestattet ist und ständig optimiert wird. Schlussendlich haben wir mit unserem erweiterten Forschungs- und Entwicklungszentrum sehr viele Möglichkeiten Produkte weiterzuentwickeln, neue Wege zu gehen und neue Ideen umzusetzen. Vertrieblich verfügen wir über eine erfahrene Mannschaft die unsere Kunden kompetent beraten kann. Mir ist um die Zukunft des Unternehmens nicht bange.
Du hast das Unternehmen Kampmann aktiv mitgestaltet. Was für ein Gefühl überwiegt, wenn du nun an deinen Ruhestand denkst: Wehmut oder Vorfreude?
Beides. Ein bisschen Wehmut, weil es mir immer Freude bereitet hat, für Kampmann zu arbeiten, neue Dinge anzugehen und Probleme zu lösen. Erfreulich ist auch, dass wir mit Frank Bolkenius einen Nachfolger gefunden haben, der das Metier beherrscht, viel Erfahrung mitbringt und den Geschäftsbereich nahtlos weiterführen kann. Ich empfinde aber auch Vorfreude, weil ich mich nun verstärkt um andere Dinge kümmern kann.
Was wäre das? Rosen züchten?
Nein.
Sondern?
Da gibt es einiges. Mit den Gesellschaftern und der Geschäftsleitung wurde vereinbart dass ich im „Hintergrund“ als Berater und für spezielle Aufgaben zur Verfügung stehe. Dazu wird die Mitarbeit in einigen Normen- und Richtlinienausschüssen gehören. Aber meine Familie soll nicht zu kurz kommen. Meine Frau musste oft auf mich verzichten. Ich habe drei Kinder und acht Enkelkinder. Und alle wohnen in der direkten Umgebung und sind entsprechend oft bei uns. Dann bin ich Vorsitzender unseres örtlichen Heimatvereins Hoogstede-Arkel e. V., bin im Kirchenrat und engagiere mich in der Gefangenenbetreuung.
Oha! Das klingt nun wirklich nicht nach Langeweile! Wie bist du denn zur Gefangenenbetreuung gekommen?
Es gibt eine Gruppe, mittlerweile einen Verein, die „Hoogsteder Gruppe e.V.“ Die Gruppe entstand vor etwa 50 Jahren, als ein Gefängnisseelsorger unsere Kirchengemeinde besuchte und anschließend zu einem Gegenbesuch einlud. Einige Gemeindemitglieder sind dann ins Gefängnis gefahren und haben mit den Inhaftierten über Gott und die Welt gesprochen. Am Ende fragten die, wann kommt ihr wieder? So ging das los. Seit über 20 Jahren bin ich jetzt auch schon dabei und Vorsitzender des Vereins.
Welche Botschaft möchtest du deinen Mitarbeitern und Kollegen noch mitgeben?
Zunächst gilt mein Dank den Gesellschaftern Heinrich und Hendrik Kampmann, die mich immer gefördert haben, die mir Freiräume geboten haben, neues zu entwickeln und Ideen umzusetzen. Dafür vielen Dank.
Mein Appell an die Mitarbeiter: Denkt daran wer letztendlich unser Arbeitgeber ist, das sind unsere Kunden. Wenn sie uns keine Aufträge mehr geben oder wir die falschen Produkte haben, dann sieht es um die Arbeitsplätze sehr schnell schlecht aus. Kampmann ist ein Unternehmen für das es sich lohnt zu arbeiten, in dem die Arbeit wertgeschätzt wird. Auch der Zusammenhalt untereinander ist sehr wichtig. Gemeinsam sind wir stark und das zeichnet die Kampmann Group aus. Wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, sind die fast 1000 Arbeitsplätze auch in Zukunft gesichert.