Maßnahmen zum Strom und Gas Sparen gestartet
Die „Taskforce Energie“ ist besetzt mit Mitarbeitenden aus allen Bereichen des Kampmann Standortes in Lingen (Ems). Angetrieben durch mögliche Szenarien einer Gas- und Strommangellage arbeitet das Team an vielfältigen Energieeinsparmaßnahmen.
Chris Gosink arbeitet in der Kampmann Werkunterhaltung und leitet die Taskforce. Er führt Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen sowie externen Dienstleistern und Partnern. Dabei stößt er neue Ideen an und kann sich auf die Eigenverantwortung seiner Kampmann-Teammitglieder verlassen. Gosink und auch dem Geschäftsführer Hendrik Kampmann geht es nicht um Aktionismus, sondern um durchdachte Maßnahmen und Teilhabe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Kurz vor dem Winter, in dem die bisherige Arbeit nun Früchte tragen soll, haben wir uns mit Chris Gosink zum Gespräch getroffen.
Im Sommer 2022 hat die sogenannte Taskforce Energie ihre Arbeit aufgenommen. An welchem Punkt stand das Unternehmen Kampmann zu dem Zeitpunkt?
Für eine Bestandsaufnahme konnten wir in vielen Bereichen auf die Datenerhebungen unseres DIN EN ISO 50001 zertifizierten Energieteams zurückgreifen, welches im Quality Management angesiedelt ist. Das Energieteam besteht bereits seit mehreren Jahren und hat zum Beispiel den Umstieg auf LED-Beleuchtung vorangetrieben oder eine Photovoltaikanlage ans Netz gebracht. Wobei „ans Netz gebracht“ stimmt nicht ganz, denn wir sind damit startbereit, nur die Genehmigung der Stadtwerke steht noch aus.
Einige Leser werden diese behördlichen Verzögerungen vielleicht kennen.
Ja, das kann sein. Aber grundsätzlich arbeiten wir mit den Stadtwerken Lingen sehr gut zusammen. Erst kürzlich haben wir deren Geschäftsführer Dr. Ralf Büring eingeladen, um ihm unsere Einsparmaßnahmen vorzustellen und uns über die aktuelle Lage generell auszutauschen.
Als wir unsere Arbeit aufnahmen haben wir also schnell gemerkt, dass wir natürlich nicht bei null anfangen. Aber wir merkten auch, dass die Denkweise noch vor einem Jahr eine andere war. Denn die Maßnahmen des Energieteams betrafen vorwiegend Einsparungen von elektrischem Strom.
Das ist doch gut.
Keine Frage. Dass Stromsparen sinnvoll ist, darüber müssen wir uns glaube ich nicht unterhalten. Und etwa 12 % des deutschen Strommix entfällt auf Erdgas. Also ist Stromsparen auch Gassparen. Wir als Gesellschaft merken aber eben jetzt, dass wir uns bis zum Februar 2022 noch zu wenig mit dem Thema Gas sparen und Gasunabhängigkeit beschäftigt haben.
Nicht zuletzt durch die bisherigen Einsparungen beim Strom sieht die Energieverteilung an unserem Werk im emsländischen Lingen so aus: 34 Prozent Strom, 66 Prozent Gas.
Und dann ist Kampmann im Sinne des Gasbedarfes ein eher untypisches Industrieunternehmen. Häufig spricht man im industriellen Sektor von einem Drittel Gasbedarf für Wärmeenergie gegenüber zwei Dritteln Prozessenergie. Bei uns ist es umgekehrt.
Kampmann ist also kein energieintensives Unternehmen?
Genau. So kann man das sagen. 27 Prozent des Gasbedarfes geht in die Prozessenergie. Dabei ein Großteil in die Pulverbeschichtung unserer Metallbauteile. Hier haben wir vor einigen Jahren schon eine Wärmerückgewinnung in den Prozess integriert. Und aktuell arbeiten wir daran, mit der Abwärme der Pulverbeschichtungsanlage die im Prozess notwendigen Vorbehandlungsbecken zu temperieren. Das sind schon spannende Projekte, die wir hier angehen.
Ist ein Werkbetrieb ohne Gas denkbar?
Wir werden uns weiter damit beschäftigen die Gasabhängigkeit stark zu reduzieren. Ob das bei dem Hauptabnehmer Pulverbeschichtungsanlage zu einhundert Prozent möglich sein wird, gilt es noch zu prüfen. Denkbar wäre ein hybrider Betrieb mit Gas und Wasserstoff oder eine Umrüstung auf Strombetrieb.
In Sachen Heizenergie sind wir aber natürlich damit gestartet, auf Wärmepumpen umzustellen. Das ist ja glücklicherweise eine Lösung, die uns unabhängiger vom Gas macht und die ja häufig mit überschaubarem Aufwand auch im Bestand umsetzbar ist. Mit unserem eigenen Produktportfolio schöpfen wir da ja auch aus dem Vollen, wenn es um die Raumgeräte geht: Lufterhitzer im Hallenbereich, Fan Coils oder Unterflurkonvektoren in Büros; Da haben wir ja vieles für den Niedertemperaturbereich.
Wie hoch sind die Einsparziele?
Mit den gesammelten Maßnahmen streben wir Einsparungen bei der Wärmeenergie von bis zu 30 Prozent und bis zu 10 Prozent bei der Prozessenergie an, was entsprechend der Anteile an unserem Energieverbrauch einer Gaseinsparung um bis zu 25 Prozent entspräche.
Neben der Wärme- und Prozessenergie beim Gas können wir beim Strom vor allem durch Konzepte bei der Beleuchtung, der Klimatisierung sowie der Elektronik Einsparungen von bis zu 5 Prozent erwirken.
Beispielsweise haben wir die Außenbeleuchtung reduziert und einige Leuchtstoffröhren, die noch nicht auf LED umgestellt waren, jetzt ausgetauscht. Für den betroffenen Bereich bedeutet das allein eine Einsparung um 62 Prozent. Da aber bereits viele Hallen und die gesamte Verwaltung mit LEDs beleuchtet werden, sind solche Sprünge nur noch recht selten. Das ist ja auch gut so. Ansonsten haben wir Durchgangsbeleuchtungen mit Zeitschaltuhren ausgestattet oder Lichtsensoren installiert, die die Lichtintensität an das Tageslicht anpassen.
Sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von den Maßnahmen betroffen?
Natürlich haben unsere „Kampmänner und -frauen“ Berührung mit den Maßnahmen. Wir haben zum Beispiel Duschmöglichkeiten geringfügig reduziert, sodass jetzt etwas längere Wege auf dem Werksgelände notwendig sind. Außerdem muss man sich an neue Logistikwege gewöhnen, die entworfen wurden, um Hallentore weniger oder kürzer zu öffnen. Das hat einen erheblichen Einfluss auf den Heizenergiebedarf der Hallen.
Ich bin aber sehr glücklich, wie die Maßnahmen aufgenommen und gelebt wurden. Wir erhalten auch nützliche Vorschläge zu weiteren Einsparpotenzialen, für die ich dankbar bin. Das hat etwa dazu geführt, dass wir die LED-Beleuchtung in einer Halle noch weiter reduzieren konnten, weil diese laut den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch unnötig hell gewesen sei.
Eine weitere Maßnahme mit sehr großem Effekt ist sicher der Energiespar(Frei)tag.
Das ist sicher so. Der Energiespar(Frei)tag oder auch „kalte Freitag“ bedeutet für die meisten kaufmännischen Kolleginnen und Kollegen in der Regel lediglich, dass sie freitags im Mobile Office, also in der Regel von zu Hause aus arbeiten. Denn bis auf wenige Ausnahmen fahren wir die Räume im Verwaltungsgebäude und auch den Großteil der Produktionshallen freitags im Absenkbetrieb. Spätestens seit Corona ist das mobile Arbeiten aber ja nichts Neues mehr. Dadurch ändert sich auch in der Erreichbarkeit und in der Leistung für unsere Kunden überhaupt nichts.
Besonders unsere Produktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter tragen den Energiespar(Frei)tag aber mit, in dem sie sich sehr flexibel zeigen. Denn hier bedeutet der kalte Freitag, dass die gleichbleibende wöchentliche Produktionskapazität vorübergehend auf vier Tage konzentriert wird. In enger Abstimmung mit dem Betriebsrat haben wir dieses Modell entwickelt. Die von Montag bis Donnerstag aufgebaute Mehrarbeit wird also freitags unmittelbar wieder abgebaut.
Man könnte also von einem langen Wochenende sprechen?
Das könnte man sagen, ich würde es aber nicht tun. Denn man muss bei dieser Umstellung schon gewillt sein, das mitzutragen. Ich sehe es also eher so, dass wir dankbar sein können für diese gemeinsame Mentalität, die sich hier zeigt. Wir haben ja ein gemeinsames Ziel.
Oder einen gemeinsamen Gegner?
Ja.
Was raten Sie abschließend unseren Lesern, die sich aktuell denselben Herausforderungen stellen?
Sprecht mit euren Experten. So haben wir die Taskforce interdisziplinär besetzt und Mut zur Eigenverantwortung bewiesen, sodass wir viele Maßnahmen schnell angehen konnten.
Und wer Fragen zum Umstieg auf Niedertemperatursysteme hat, sollte natürlich uns ansprechen.
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